Trekking – aber bitte mit Esel

Der Horror für jeden Eseltrekker ist es, wenn der Esel unterwegs abgängig ist. Irgendwo im Nirgendwo ist die Hoffnung, der Esel käme wieder nach Hause, illusorisch. Es gibt keine festen Fütterungszeiten oder die Herde, die den Esel dazu motivieren könnte, sich von selbst wieder einzufinden. Deshalb sind die richtigen Anbindevorrichtungen für unterwegs, ein mobiler Elektrozaun für das Nachtlager und ein Tracker – für den Fall der Fälle – entscheidend für entspannte Touren mit Eseln.

Kannst du mal bitte kurz warten?

Stacheldrahttor auf dem CaminoUm Hindernisse auf dem Weg beiseite zu räumen, benötige ich immer mal wieder zwei freie Hände. Wie gerne würde ich einfach an die Vernunft meines Esels appellieren, denn in 99,9% dieser Fälle gibt es keinen komfortablen Anbindehaken, wie die am Putzplatz im Stall.

Wenn wir Glück haben, gibt es einen Pfosten, Ast oder Baum, an dem ich den Esel anbinden kann. Allerdings benötigt es für solche Anschlagpunkte wesentlich mehr Strick, weshalb ich einen relativ langen Führstrick habe (2m). Übrigens ist dieser aus Baumwolle, denn Kunstfaserstricke, die einem durch die Hand sausen, erzeugen schrecklich schmerzende Brandwunden!

Führstrick mit Anbindevorrichtung

Bei einem Baum von 50 cm Durchmesser komme ich aber auch mit meinem langen Strick sehr schnell an die Grenzen. Wie jeder Esel- und Pferdehalter weiß, geht für einen schnell lösbaren Anbindeknoten einiges an Länge des Strickes drauf. Deshalb habe ich mir aus dem Kletterbedarf eine Einhängevorrichtung besorgt, die nach vorne lösbar ist (Frog von KONG). Der klassische Karabinerhaken schien mir für meine Zwecke nicht geeignet, da man ihn unter Spannung stehend nicht gut lösen kann. Zum “Einhängen” habe ich ganz banal einen Metallring ans Ende des Strickes geknotet. Die Vorrichtung ist nicht schön, aber ungemein hilfreich.

Entspannte Pausen für Esel und Mensch

Entspannte Pause

Unterwegs müssen Pausen eingelegt werden, die sowohl für den Esel als auch für den Menschen entspannend sein sollten. Der Aufbau des mobilen Weidezauns ist für Pausen zwischendurch zu aufwändig. Bei meinen Touren mit mehreren Eseln und Menschen, haben wir uns in die Pausen reingeteilt. Einer war immer dazu verdammt, die Esel locker am Führstrick zu halten, damit diese dann am Wegesrand knuspern können. Bei zwei Eseln, die jeweils auf der Suche nach dem leckersten Happen sind, ist das nicht entspannend: Während man den einen davon überzeugt, möglichst in dieselbe Richtung zu grasen wie der andere, hat sich der andere auch schon wieder mit dem Vorderbein im Führstrick verheddert …

Für meine Tour alleine mit Sancho musste ich mir eine andere Lösung einfallen lassen. Sancho ist als portugiesischer Esel Einiges an Haltungsformen gewöhnt, was uns in Deutschland aufschreien lässt. Er musste sich die Vorderbeine zusammenbinden lassen und durfte über ein Jahr nur noch über die Weide “hoppeln”. Diese Methode kommt für mich nicht in Betracht. Das Anbinden an einem Baum mit einem circa 10 m langen Seil, also das sogenannte “Pflocken”, kannte er ebenfalls aus Portugal. Dadurch wusste Sancho mit der Situation umzugehen, falls er sich ins Seil verwickelt hatte. Eine gute Anleitung zum Pflocktraining findet ihr in diesem Video.

Für das Pflocken nutze  ich kein normales Seil, sondern ein speziell angefertigtes, um Verletzungsgefahren von vornherein zu minimieren. Anstelle des im Video erwähnten Lederriemens habe ich einen aus Bioethane verwendet (2 m). Die Materialien heben sich in ihrer Farbe gut von der natürlichen Umgebung ab, so dass sie für Mensch und Tier leicht zu erkennen sind. Das Seil hat eine Gesamtlänge von sieben Metern, und das Packgewicht von circa 500 Gramm nehme ich sehr gerne in Kauf. Die Vorrichtung setzen wir nicht nur für Pausen ein, sondern auch während der Auf- und Abbauzeiten unseres Lagers. So kann Sancho in dieser Zeit schon bzw. noch fressen und ist unterwegs zufrieden, weil satt.

Vom Wälzen hat sich das Seil um den Hals gewickeltDen bei dieser Methode namensgebenden Pflock habe ich bald aus meinem Reisegepäck verbannt. Nur in den seltensten Fällen ist der Boden so optimal beschaffen, dass ein Pflock eingeschlagen werden kann. Meistens fixiere ich das Seil an einem Baum, was aber dazu führen kann, dass bei mehrfacher Umrundung des Baumes beim Grasen in derselben Richtung das Seil sehr kurz wird. 

Das Seil sollte immer nur unter Aufsicht verwendet werden, denn auch der geübteste Esel kann sich darin verheddern!

Mobiler Elektrozaun für eine ruhige Nacht

Sancho auf der Nachtkoppel

Die Tagesetappe ist geschafft, der Esel ist abgesattelt, sicher angebunden und darf sich schon einmal den Bauch vollhauen. Jetzt gilt es die örtlichen Gegebenheiten in Augenschein zu nehmen und den besten Platz für die Eselkoppel auszuwählen. Gibt es einen Baum, der Wetterschutz bietet? Sind Giftpflanzen ggf. auszukoppeln? Wieviele Zaunstäbe werden benötigt, um Unebenheiten des Geländes auszugleichen? Können vorhandene Begrenzungen integriert werden? Jeden Tag haben wir unterschiedliche Voraussetzungen, für die wir gewappnet sein müssen.

Koppelbau über Bach

Mit nur vier Zaunstäben – wie beim Wanderreiten empfohlen – komme ich nicht aus. Die Koppel wäre dann relativ klein oder die Litze würde entsprechend durchhängen und rum flattern. Nachdem ich die vier Eckpfähle abgespannt habe, kann ich mit meiner Litze theoretisch eine Koppel von 100 m² (10 x 10 Meter) abspannen. Als obere und gut sichtbare Litze setze ich die beiden 20 m-Stücke der Breitbandlitze ein, die ich mit einem (leitenden) Metallkarabiner verbinde.

Mobiler Elektrozaun

Soll der Zaun besonders sicher sein, führe ich eine zweite Litze mit dem Rundlitzenseil rundherum. Das Warnschild “Elektrozaun” fädel ich durch die obere Litze und schließe das Zaungerät an. Obwohl das Gerät wetterfest ist, verstaue ich es in einer wasserdichten Tasche, in der ich das Zaunmaterial unterwegs transportiere und die ich abends senkrecht an einen Zaunpfahl lehne, um die Kontrollleuchte sehen zu können. Ach ja, und den Esel muss ich noch holen und auf die Koppel stellen. Mal sehen, ob ich den Koppeleingang richtig gebaut habe …

Materialliste für mobilen Elektrozaun

Die sperrigen Zaunpfähle sind halbiert und mit Hülsen zum Zusammenstecken versehen, um sie auf das Packmaß von 60 cm Länge zu reduzieren.

Der Esel ist trotzdem abgehauen! - Plan B

Eselspuren im Sand

Hunger, Einsamkeit, Angst oder eine rossige Stute – es gibt viele Gründe, warum sich der Esel trotz aller Vorkehrungen alleine auf den Weg macht. Mehrmals musste ich mich als Spurenleser betätigen und habe dabei alle Winnetou-Filme verflucht. Denn Winnetou wusste nicht nur, wohin jemand gelaufen ist, sondern auch wie der Verfolgte aussah (Gewicht, Kleidung etc.). OK, das braucht man jetzt nicht, denn man weiß ja, wie der Esel aussieht, den man verzweifelt sucht… aber welche Spuren sind die frischeren? Die nach Osten oder die nach Westen?

Eselhalfter mit AirTag

Für meinen Hund, der auch manchmal stiften gegangen ist, habe ich mir einen Tracker angeschafft. Das Ding ist ziemlich schwer und, wenn man ihn benötigt, ist meistens der Akku leer. Er hat sich für mich in der Praxis also nicht bewährt. Daher habe ich meine Tiere mit sogenannten AirTags von Apple ausgestattet. Die Knopfbatterie darin hält ziemlich lange durch (circa 1,5 Jahre), so dass die Stromversorgung kein Problem darstellt.

Allerdings benötigt ein AirTag ein anderes Apple-Gerät in der Nähe, um im “Apple-Net” registriert und geortet werden zu können. Das bedeutet, dass der AirTag mitten in der Prärie zwar nicht geortet werden kann, sehr wohl aber in der Zivilisation. Der AirTag, am Halfter von Sancho befestigt, hat mir schon drei Mal dabei geholfen, ihn wieder zu finden!